Alle Klärwerke haben gemeinsam, dass sie zur Reinigung des Abwassers, nach dem Vorbild der Natur, die Selbstreinigungskräfte der Gewässer nachahmen. Unter kontrollierten technischen Bedingungen wird das Abwasser stufenweise (mechanisch, biologisch, chemisch) geklärt und der Natur in einer für Mensch und Tier unbedenklichen Güte zurückgegeben. Die moderne Abwasserreinigung ist sehr aufwendig geworden. 
Sie erfolgt im Klärwerk Rüsselsheim-Raunheim in verschiedenen Schritten nach folgenden Verfahren:

 

Zuläufe und Regenwasserbehandlung

Die in Bauschheim und Raunheim anfallenden Abwässer werden in Kanälen gesammelt, mit Hilfe von Pumpwerken abgeleitet und über die beiden Zuläufe dem Klärwerk zur Reinigung zugeführt. Das Klärwerk bekommt im mittleren Tageszufluss ca. 185 Liter Abwasser pro Sekunde (L/sec.) zugeführt. Die maximale Abnahmemenge liegt bei 620 L/sec. bei Regenwetter. Um die Abwasserreinigungsanlagen nicht zu überlasten wird das Abwasser bei starken Regenereignissen in meist unterirdische Regenrückhaltebecken (RRB) geleitet. 

Reicht bei Starkregen das Speichervolumen der Regenrückhaltebecken nicht aus, fließt das in den Regenklärbecken (RKB) mechanisch gereinigte, mit Regenwasser vermischte Abwasser direkt in den Vorfluter (Fluss oder Bach). Dieses überlaufende Wasser ist mit Regenwasser so stark verdünnt, dass es unbedenklich dem Vorfluter zugeführt werden kann. 

 

Mechanische Reinigung

Rechenanlage
Das ankommende Wasser durchfließt als erstes eine Rechenanlage. Dabei werden Grobstoffe wie z.B. Äste, Kunststoffe, Hygieneartikel usw. aufgefangen und abgetrennt. Das Rechengut wird über eine Waschpresse ausgewaschen und entwässert. Die hier entstehenden ca. 120 t Rechengut pro Jahr werden heutzutage der Müllverbrennung zugeführt. Viele dieser abgetrennten Inhaltsstoffe gehören nicht in das Abwasser (z.B. feuchtes Toilettenpapier, Speisereste, Farbe, usw.) sondern in den Mülleimer, da sie zu massiven Schäden an Maschinen sowie zu Verstopfungen führen können.

Sand- und Fettfang
Besonders schädlich für die nachfolgenden Maschinen ist Sand und Kies. Im Sand- und Fettfang werden diese unliebsamen Inhaltsstoffe, durch Verringerung der Fließgeschwindigkeit im Bauwerk, zum Absetzen gebracht.  Die sich am Beckenboden absetzenden mineralischen Feststoffe werden in den Sandklassierer gepumpt und dort gereinigt und entwässert, um sie danach dem Garten- und Landschaftsbau abzugeben. Um zu verhindern, dass sich auch organische Stoffe am Boden mit absetzen, wird der Sandfang mit Druckluft belüftet. Zeitgleich werden Fett und Schwimmstoffe in der beruhigten Schwimmstoff-Fangkammer abgeschieden. Jährlich fallen so ca. 100 t als Füllmaterial wieder nutzbarer Sand an.

Vorklärbecken
Im Vorklärbecken erfolgt die letzte mechanische Reinigung. Durch die Reduzierung der Fließgeschwindigkeit wird erreicht, dass die noch im Abwasser befindlichen organischen Feststoffe absinken. Dieser Anlagenteil wurde mit den neuen Anforderungen in den 90er Jahren außer Betrieb genommen. Der früher hier abgetrennte Kohlenstoff ist für die weitergehende Stickstoffreduzierung erforderlich und wird direkt in die biologische Reinigung weitergeleitet.

 

Biologische Reinigung

Belüftungs- und Nitrifikationsbecken (Kohlenstoffabbau)
Die biologische Reinigung ist das wichtigste Reinigungsverfahren. Ca. 75 % der organischen Schmutzfracht ist in gelöster Form, vorwiegend als Kohlenstoffverbindungen, im Abwasser enthalten. Diese nicht absetzbaren Stoffe werden bei der biologischen Reinigung von Mikroorganismen (z.B. Pantoffeltierchen, Glockentierchen usw.) als Nahrung aufgenommen und in feste, absetzbare Zellsubstanz, den sogenannten Belebtschlamm und Energie umgewandelt. Für diesen Prozess benötigen die Mikroorganismen ideale Lebensbedingungen. Zur Versorgung mit Sauerstoff wird durch eine feinblasige Druckbelüftung reichlich Luftsauerstoff in das Abwasser eingeblasen.

Neben dem Abbau von kohlenstoffreichen, organischen Stoffen erfolgt durch den Sauerstoffeintrag im Belüftungsbecken auch eine Oxidation des Ammoniumsauerstoffes in Nitratstickstoff (Nitrifikation).

Denitrifikationsbecken (Nährstoffabbau)
In dem vorgeschalteten Denitrifikationsbecken erfolgt die intensive Vermischung von kohlenstoffreichem Abwasser aus dem Vorklärbecken, Rücklaufschlamm aus den beiden Nachklärbecken und nitrathaltigem Kreislaufwasser vom Ablauf des Nitrifikationsbeckens. Da hierbei kein Sauerstoff zugeführt wird, kommt es zur Denitrifikation. Dies bedeute: Die leicht abbaubaren Kohlenstoffverbindungen werden mit dem Sauerstoff des Nitrats zu Kohlendioxid und Wasser oxidiert. Dabei helfen wiederum Bakterien, die unter den sauerstoffarmen Bedingungen Nitrat zu Sauerstoff und Stickstoff umwandeln. Der freiwerdende elementare Stickstoff entweicht in die Atmosphäre.

Biologisches Phosphorbecken
In einem weiteren unbelüfteten Becken werden die Mikroorganismen veranlasst, vermehrt Phosphor in die Zellsubstanz einzulagern. Durch den Abzug von überschüssigem Belebtschlamm wird der darin eingelagerte Phosphor weitestgehend aus dem Abwasser entfernt.

Nachklärbecken
Die beiden Nachklärbecken haben die Aufgabe, den jetzt im Abwasser befindlichen Belebtschlamm von dem gereinigten Abwasser zu trennen. Der Belebtschlamm wird in das Belebungsbecken zurückgeführt. Diese Rückführung ist erforderlich, um auch das neue ungereinigt ankommende Abwasser mit der gewünschten  aktiven Mikroorganismenkonzentration zusammenzubringen und somit die Abwasserreinigung zu gewährleisten.

Die Nachklärbecken sind als horizontal durchströmte Rundbecken mit Rundräumern ausgestattet. Die Räumer mit den daran befindlichen Räumschilden leiten kontinuierlich den abgesetzten Belebtschlamm in den Mitteltrichter, von wo er im freien Gefälle in das Belebungsbecken zurückfließt. Die Rücklaufschlammmenge wird kontinuierlich gemessen und in Abhängigkeit von der Abwasserzulaufmenge entsprechend geregelt. Der durch die Vermehrung der Bakterien entstehende überschüssige Belebtschlamm (Überschussschlamm) wird abgezogen und der Schlammbehandlung zugeführt.

 

Chemische Reinigung

Phosphatfällung
Nach heutigen Anforderungen reicht auf vielen Klärwerken das biologische Phosphorbecken nicht aus um gesichert die Grenzwerte einhalten zu können. Deshalb wurde eine Dosierstation nachgerüstet. Hier werden Eisen-/Aluminium-Salze in das Abwasser dosiert und durch Bindung des Phosphats an diese Salze ausgefällt. Die Fällmitteldosierung erfolgt in den Belebtschlamm und das Aluminiumsalz unterdrückt hier zusätzlich die Bildung von schädlichen Fadenbakterien.

 

Schlammbehandlung

Der im Vorklärbecken anfallende Primärschlamm wird in den Faulturm gepumpt. Hier wird er mit dem bereits vorhandenen Faulschlamm vermischt und auf ca. 37°C erwärmt. Dies sind ideale Bedingungen, damit der organische Anteil im Schlamm „ausfaulen“ kann. Hierbei entsteht wertvolles Methangas, welches auf dem Klärwerk in zwei Blockheizkraftwerk (BHKW) verstromt wird. Der Faulprozess erfolgt unter Ausschluss von Sauerstoff. Ebenfalls wird der überschüssige Belebtschlamm (Überschussschlamm) in den Faulturm zugegeben.

Auf dem Klärwerk in Rüsselsheim-Raunheim werden auch Rückstände aus Fettfängen entsorgt (Co-Vergärung) . Diese Speisefette erhöhen die Gasproduktion deutlich.

Nach der Faulung wird der ausgefaulte nasse Faulschlamm über eine Pumpe in eine Zentrifuge gefördert. Mit Hilfe dieser Zentrifuge wird der Feststoffanteil von ca. 2-3% auf ca. 25-30 %  erhöht. Somit können die Entsorgungskosten  für den Transport und Schlammentsorgung deutlich reduziert werden. Der entwässerte Faulschlamm kann bis zur Abholung in unserem Schlammsilo zwischengelagert werden. Die Abfuhr erfolgt mittels Sattelzug direkt in die Verbrennung.

 

Ablauf und Eigenkontrolle

Das gereinigte Abwasser wird in den Main abgeleitet. Durch sowohl stichprobenartige als auch kontinuierliche Messungen wird 24 Stunden am Tag die Wasserqualität und somit die Reinigungsleistung des Klärwerkes überwacht. Diese Überwachungsergebnisse werden erfasst, gespeichert und ausgewertet. Zur Auswertung können Statistiken, Trends oder Verlaufsganglinien erstellt werden. Die Betriebsdaten müssen der Aufsichtsbehörde vorgelegt werden.

Zusätzlich wird durch eine automatische 24-stündige Probenahme auch eine Rückstellprobe als Nachweis abgefüllt und eingelagert. Dadurch ist jederzeit ein Nachweis über die Wasserqualität des abgeleiteten gereinigten Abwassers möglich. Diese Wasserproben werden im Rahmen der Eigenkontrolle im Betriebslabor des Zentralklärwerks mit analysiert. 

 

Regenüberlaufbecken (RÜB)

Vor dem Zulauf ins Klärwerk gelegen ist ein Regenüberlaufbecken vorgeschaltet. Das RÜB hat die Aufgabe, die im Regen- und Schmutzwasser Gemisch enthaltenen Verunreinigungen überwiegend vom Vorfluter fernzuhalten. Es liegt im Bypass zum Zulaufkanal zum Klärwerk und ist als offenes Becken ausgeführt.

Wir benutzen Cookies

Wir verwenden Cookies, Skripte und ähnliche Technologien damit unsere Webseite gut funktioniert sowie zur Darstellung personalisierter Inhalte, um Ihnen ein tolles Nutzererlebnis zu bieten. Es hilft uns unser Internet-Angebot zu verbessern und finanzieren.

Dabei kann es vorkommen, dass Ihre Daten in ein Land außerhalb der Europäischen Union übertragen werden, welches kein vergleichbares Datenschutzniveau gewährleistet. Details zur Datennutzung und ggfs. -weitergabe erläutern wir in unserer Datenschutzerklärung.

Indem Sie “Akzeptieren” klicken, stimmen Sie diesen zu. Sie können jederzeit – auch später noch – Ihre Einstellungen ändern (Menüpunkt unten auf der Seite: „Cookie Einstellungen“).